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Antrag Vestischer Klimapakt

09.09.2019

Antrag zur Sitzung des Kreistags am 23. September 2019

Vestischer Klimapakt

In den vergangenen 150 Jahren wurden überall im Kreis Recklinghausen durch industrielle Eingriffe oder schädliche Bodennutzung die natürlichen Lebensgrundlagen wie Boden und Grundwasser schwer geschädigt. Seit Jahren wird an der Beseitigung oder Eindämmung schädlicher Folgen gearbeitet. Beispiele sind WASAG Grundwasserverunreinigungen, Ruhrzink Altlasten, Schlägel & Eisen Bodenverunreinigungen, Emscherumbau. Bereits diese „historischen Altlasten“ belasten uns erheblich.

Jetzt führt der globale Klimawandel auch vor Ort und regional zu einer Zunahme von Hitzeextremen, Dürreperioden, Sturm- und Starkregenereignissen und damit zu tiefgreifenden Folgen im Ökosystem. Er ist zu einem existentiellen Problem geworden, das ein Handeln jeder politischen Ebene in der Bundesrepublik Deutschland im Rahmen ihrer jeweiligen Zuständigkeit und tatsächlichen Möglichkeiten erfordert.

Die Fraktionen im Kreistag des Kreises Recklinghausen bekennen sich zu den Vereinbarungen des Pariser Klimaabkommens und zu den Klimazielen der Bundesrepublik Deutschland und der Europäischen Union. Wir teilen die Auffassung, dass die bisherigen Maßnahmen und Planungen erheblich ausgeweitet und ergänzt werden müssen, um die Erderwärmung zu begrenzen und ihre Folgen auch vor Ort erträglicher zu machen.

Wir erkennen damit an, dass die Eindämmung des von Menschen verursachten Klimawandels auch für das kommunale Handeln im Kreis Recklinghausen ein Faktor höchster Priorität ist. Politik und Verwaltung verpflichten sich daher zur Erstellung und Umsetzung eines Konzeptes zur deutlichen Reduktion des CO2-Ausstoßes und zum Umgang mit dem Klimawandel im Kreis. Wir wollen damit in unserem Einflussbereich zum Reduktionsziel der Europäischen Union beitragen, die Emissionen bis 2050 um insgesamt 80 bis 95 Prozent im Vergleich zu 1990 zu reduzieren und damit die Erderwärmung dauerhaft auf 1,5 Grad Celsius zu begrenzen.

Alle Fraktionen sind sich darüber einig, dass der Kreis praktische Maßnahmen zum Klimaschutz beschließen und umsetzen muss. Die klimarelevanten Themenfelder des Papiers „Zukunft an Emscher und Lippe“ sind dabei mit Priorität voranzutreiben.

Die Priorisierung entsprechender Maßnahmen muss auf ihrem kurz-, mittel-, und langfristigen Nutzen und ihrem Einfluss auf weitere CO2-reduzierende oder kompensierende Maßnahmen beruhen. Die Umsetzung erster Maßnahmen soll sofort, spätestens jedoch innerhalb von drei Monaten nach Vorlage der Haushaltsgenehmigung 2020 erfolgen.

Die Fraktionen sind sich weiter einig, dass für die Umsetzung der im Konzept abgeleiteten Maßnahmen ausreichende personelle und finanzielle Ressourcen zur Verfügung gestellt werden müssen. Sie werden mit dem Haushaltsbeschluss 2020 bereit-gestellt.

Der Kreistag fasst dazu folgende Beschlüsse:

1. Der Kreis Recklinghausen bekennt sich zu den Beschlüssen des Pariser Klimaabkommens und den Klimazielen der Bundesrepublik Deutschland und der Europäischen Union.

2. Die Kreisverwaltung wird beauftragt, bei allen Vorlagen die Auswirkungen auf das Klima aufzuzeigen. Klimarelevanz hat gegenüber betriebswirtschaftlicher Vorteilhaftigkeit keinen automatischen Nachrang.

3. Die Kreisverwaltung wird beauftragt, ein Klimaschutzkonzept zu erstellen, das wirksame Maßnahmen im Einflussbereich des Kreises entwickelt und darstellt. Eine noch stärkere Zusammenarbeit mit InnovationCity Ruhr und dem H2 Netzwerk Ruhr wird angestrebt. Als mögliche Handlungsfelder und Maßnahmen werden gesehen:

a) Erhöhung der Nutzerquote bei ÖPNV und Radverkehr, Verbesserung der Fahrrad-Infrastruktur, Reduzierung der Emissionen im ÖPNV, beispielhafte Umstellung des Fuhrparks der Kreisverwaltung auf klimafreundliche Antriebstechnik
b) Einsparung von Energie und Wasser, stärkere Nutzung von erneuerbaren Energien, verstärkte Nutzung von LED-Beleuchtungen, Einrichten von Ladestationen für E-Autos und E-Bikes
c) Maßnahmen zur Bindung von CO2 und zur Stärkung der Artenvielfalt auf eigenen Flächen, beispielsweise durch zusätzliche Baumpflanzungen und Anlage von Blüh- und Schonstreifen an kreiseigenen Ackerflächen
d) Senkung des Wasserverbrauchs und Vermeidung der weiteren Absenkung des Grundwasserspiegels
e) Stärkere Nutzung von Fahrrädern für Wege von, zur und bei der Arbeit, Erweiterung der Home-Office Möglichkeiten, Anpassung der Arbeitszeiten (z.B. Kernarbeitszeiten) nach klimatischen Notwendigkeiten, Maßnahmen zur Digitalisierung der Verwaltung, wo möglich Substitution von Dienstreisen durch Videokonferenzen oder ähnliche Technologien
f) Stärkung des Bürgerengagements wie Beteiligung von Initiativen, Verbänden und Vereinen aus dem Umweltbereich bei der Entwicklung des Klimaschutzkonzepts, jährliche Durchführung einer Vestischen Klimaschutzkonferenz und Aufbau eines Portals zum Thema Klimaschutz im Kreis, Einrichtung einer zentralen Beratungsstelle für alle Fragen rund um den Klimaschutz
g) Maßnahmen zur Stärkung der Wirtschaft im Bereich Klima und Nachhaltigkeit wie Ökoprofit, Greentec, Innovationsscout, Ausweitung und Förderung der Produktion erneuerbarer Energien

4. Die Kreisverwaltung Recklinghausen baut ein Monitoring auf, in dem die Entwicklung des Ressourcenverbrauchs erfasst und die Wirksamkeit von Maßnahmen überprüft wird.

5. Die Verwaltung wird beauftragt, bis zur Verabschiedung des Haushaltes 2020 darzustellen:

1. welche finanziellen Mittel erforderlich sind, um die laufenden Klimaschutzmaßnahmen sowie die zusätzlichen Maßnahmen des Klimaschutzkonzeptes umzusetzen, und
2. welche Personalressourcen erforderlich sind.

Klaus Schild
Fraktionsvorsitzender SPD Kreistagsfraktion

Benno Portmann
Fraktionsvorsitzender CDU Kreistagsfraktion

Prof. Dr. Bert Wagener
Fraktionsvorsitzender Kreistagsfraktion Bündnis 90/DIE GRÜNEN

Martina Ruhardt
Fraktionsvorsitzende Kreistagsfraktion Die Linke

Christine Dohmann
Fraktionsvorsitzende FDP Kreistagsfraktion