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Rede zur Verabschiedung des Haushalts 2016 am 23.11.2015

SPD-Fraktionsvorsitzender Klaus Schild

Rede zur Verabschiedung des Haushalts 2016 am 23. Nov. 2015

(Es gilt das gesprochene Wort)

Sperrfrist 23. November 2015, 09:00 h

 

Herr Landrat, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen,

nach den Ereignissen in Paris ist es für meine Fraktion und mich nicht einfach zur Tagesordnung überzugehen. Der 13. Nov. 2015 wird Spuren hinterlassen, genauso wie der 11. Sept. 2001 sie hinterlassen hat. Das Miteinander wird anders werden. Lassen sie uns nie vergessen, dass das gesprochene Wort hilft, Konflikte, egal auf welcher Ebene, zu lösen. Gewalt hilft nicht bei der Lösung von Problemen.

 

Auch anmerken möchte ich, dass wir heute einen Haushalt verabschieden wollen, der auch für das erste Jahr gilt, in dem es im Kreis Recklinghausen keinen Bergbau mehr gibt. Generationen dieses Kreises haben mit, vom und für den Bergbau gelebt. Auch Mitglieder des Kreistages waren in der Vergangenheit im Bergbau beschäftigt. Eine Tradition geht zu Ende. Lasst uns diese Industrie, die unsere Region zu Wohlstand geführt hat, nicht vergessen.

 

„Alle Jahre wieder“, gehört auch in diesem Jahr wieder zur Verabschiedung des Haushalts. Dieses Jahr ist aber anders, nicht nur aus den eben genannten Gründen.

 

Schon bei Einbringung des Entwurfs des Kreishaushalts für das Jahr 2016 war der Unterschied spürbar. Landrat und Kreiskämmerer stellten den Entwurf vor, ohne Hiobsbotschaften zu verkünden, wie dies in den vergangenen Jahren so oft der Fall war.

 

Bedeutet das „Heile Welt“? Die Antwort ist natürlich „Nein“!

 

Die kreisangehörigen Städte sind weiterhin finanziell in einer aussichtslosen Situation. Insbesondere der Gesamtbetrag der Kassenkreditverschuldung ist mit 1,8 Milliarden Euro ist erschreckend:

–  eine Zahl, an die man sich nie gewöhnen kann;

–  eine Zahl, an die man sich nie gewöhnen darf!

 

Die kommunale Familie muss weiter zusammenstehen, um für eine neue Finanzordnung besonders für unsere Region zu kämpfen.

Der Kreishaushalt für das Jahr 2016 lässt uns allerdings den Raum, auch wieder einen Hauch von Hoffnung zu verspüren. Einige Zahlen entwickeln sich durchaus positiv. Dank der sprudelnden Steuerquellen des Landes steigt die Schlüsselzuweisung des Kreises um drei Millionen Euro gegenüber dem Vorjahresansatz an.

 

Erfreulich ist auch die Entwicklung bei den Kosten des öffentlichen Personennahverkehrs. Dass der Ansatz um 3,5 Millionen Euro gesenkt werden kann, ist natürlich in erster Linie auf die Entwicklung des Dieselpreises zurückzuführen. Dies wird sicherlich nicht immer so sein.

 

Erfreulich ist auch, dass wir im Sozialbereich nicht nur Steigerungen des Aufwandes zu verzeichnen haben, wie dies in der Vergangenheit regelmäßig der Fall war. Die Senkung von Ansätzen in diesem Bereich sind auch ausschlaggebend für die Entlastung der Städte.

 

Besondere Sorgen bereitet die Entwicklung im Bereich des SGB II. Wenn auch der Bund den größten Teil der Aufwendungen trägt, so belasten die Kosten der Unterkunft den Kreis und die kreisangehörigen Städte in untragbarer Weise. Der Anstieg der vom Kreis zu verkraftenden Lasten des Jahres 2015 muss sich bei realistischer Veranschlagung auch in der Planung für das Jahr 2016 widerspiegeln. Zur Schonung der kreisangehörigen Städte haben wir mit der CDU-Fraktion gemeinsam im Kreisausschuss den Antrag gestellt, dass die Verwaltung die Ansätze so überarbeitet, dass den Städten keine höhere Belastung abverlangt wird, als dies in der Vorjahresplanung für das Jahr 2016 vorgesehen war. Die Verwaltung hat diesem Arbeitsauftrag Rechnung getragen. Wie aus dem zum Haushaltsbeschluss vorliegenden Änderungsdienst der Verwaltung ersichtlich, sind noch Potenziale zur Senkung der Zahllast für die Städte gefunden worden.

 

Mit den vorgeschlagenen Änderungen ist der Kreishaushalt für die Städte und auch für den Kreistag tragbar. In ihrer Stellungnahme zum Entwurf des Kreishaushalts 2016 haben die kreisangehörigen Städte in der Hauptsache diesen Punkt angesprochen, der damit als ausgeräumt angesehen werden kann.

 

Der Preis für die Entlastung der Städte sind die Risiken, die im Kreishaushalt 2016 stecken. Ein Risiko ist die Veranschlagung der Landschaftsumlage. Der Ansatz bleibt deutlich hinter den Forderungen des Landschaftsverbandes zurück. Unsere Fraktion wertet die Veranschlagung als einen Appell an den Landschaftsverband, den Hebesatz gegenüber der jetzigen Planung deutlich zu senken. Der schon im Entwurf des Kreises vorgesehene Betrag für die Landschaftsumlage sieht eine Steigerung der Zahllast gegenüber dem Vorjahr von fünf Millionen Euro vor. Vor dem Hintergrund der steigenden Schlüsselzuweisungen, eines positiven Haushaltsverlaufs 2015 und der gefüllten Ausgleichrücklage des LWL muss der vom Kreis geplante Anstieg ausreichen.

 

Ein weiteres Risiko steckt im Sozialhaushalt. Die Ansätze sind bereits auf Grundlage der bestehenden Verhältnisse ohne Risikozuschlag geplant.

 

Es ist jetzt erkennbar, dass Kosten für die Aufnahme weiterer Flüchtlinge hinzukommen. Wir alle haben mit der Verwaltung abgestimmt, dass wir den Haushalt des Kreises hierauf vorbereiten. Das bedeutet Vorsorge bei den entsprechenden Aufwandspositionen. Wir wollen, dass der Kreis und auch die kreisangehörigen Städte gerüstet sind. Die Erhöhung der betroffenen Aufwandspositionen löst automatisch die Frage des Haushaltsausgleichs aus. Für die SPD-Fraktion war von Anfang an klar, dass eine Erhöhung der Kreisumlage hierfür nicht in Frage kommt.

 

Zusätzliche Kosten für die Aufnahme weiterer Flüchtlinge würde die Haushaltssanierungsplane unsere Städte ad absurdum führen. Wir folgen daher dem Vorschlag der Verwaltung, eine entsprechende Ertragsposition im Haushalt des Kreises vorzusehen. Damit verbunden ist die Forderung an Bund und Land: Die Kosten der Flüchtlingsaufnahme sind zu übernehmen – und zwar in voller Höhe.

 

Durch die genannten Punkte sind die Risiken im Haushalt des Kreises durchaus erheblich. Meine Fraktion ist allerdings der Meinung, dass diese Risiken für den Kreis tragbar sind.

 

Wir haben soeben den Jahresabschluss 2014 festgestellt. Damit verfügt der Kreis seit 2007 zum ersten Mal über zeitgemäße Jahresabschlüsse. Das festgestellte Eigenkapital von 44 Millionen Euro ist eine solide Basis, um die beschriebenen Risiken tragen zu können.

 

Die Zahl von 44 Millionen Euro klingt hoch, ist aber vor dem Hintergrund der Risiken im Kreishaushalt und vor allem der weiterhin katastrophalen Finanzsituation unserer Städte zu relativieren. Bei insgesamt 2,8 Milliarden Euro Schulden der kommunalen Familie des Kreises Recklinghausen könnte der Kreis damit nicht einmal nennenswerte Beiträge zur Konsolidierung der Haushalte der kreisangehörigen Städte leisten.

 

Was kann der Kreis realistisch tun?

Durch konsequente Fortsetzung des bisherigen Sparkurses und eine solide Haushaltsplanung kann der Kreis den Städten ein gewisses Maß an Planungssicherheit geben. Darüber hinaus muss – ich betone „muss“ – der Kreis alles daransetzen, die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen in unserer Region zu verbessern. Nur wenn sich die Gesamtsituation verbessert, werden sich auch nachhaltig die Kommunalfinanzen verbessern. Wir brauchen tausende von Arbeitsplätzen. Wenn wir die Chance haben, Arbeitsplätze zu gewinnen, brauchen wir nicht die Diskussion, wie viele Arbeitsplätze damit zu erreichen sind – ob es tausend, zweitausend oder fünftausend sind. Wenn wir die Chance haben Arbeitsplätze zu gewinnen, müssen wir handeln – und zwar schnell und entschlossen und über Parteigrenzen hinweg.

 

Meine Damen und Herren, sie wissen, was ich damit anspreche: Das Thema newPark.

 

Kritiker sehen nur die Risiken des Projektes. Ich aber stelle die Frage: Können wir es uns leisten, ein Projekt mit solch großen Chancen nicht zu nutzen? Aus meiner Sicht wäre das unverantwortlich.

 

Für mich ist es ebenso unverantwortlich, das Projekt unnötig zu behindern. Völlig unnötig war die Intervention des Umweltministeriums beim Kauf der newPark-Flächen. Hierzu gäbe es viel zu sagen. Das möchte ich nicht tun. Es würde nämlich dem Projekt nicht helfen. Und es zählt nur, was dem Projekt hilft!

 

Das gerichtliche Verfahren hätten wir mit Sicherheit gewonnen. Davor hätten wir allerdings einen Jahre dauernden Rechtsstreit geführt. Der ausgehandelte Kompromiss ist aus Sicht meiner Fraktion die bessere Lösung für das Projekt newPark. Dieser Kompromiss steht auf der Tagesordnung des nichtöffentlichen Teils. Ich kann aber schon an dieser Stelle sagen, dass wir dem Vergleich zustimmen wird.

 

Wir, die SPD-Fraktion, ist der Auffassung, dass bei allen Sparbemühungen der Bestand der kreiseigenen Immobilien gesichert werden muss. Hierzu gehört, sie in einem Zustand zu erhalten, der ihren Wert sichert und sie zukunftsfähig macht. Die Finanzsituation hat uns in den letzten Jahren gezwungen, auch bei Instandhaltungen und Sanierungen zu sparen.

 

In dem Spannungsfeld zwischen Sparen und Erhaltung des Kreisvermögens sind wir an einem Punkt angelangt, an dem wir aufpassen müssen. Dies gilt sowohl für Straßen und Brücken als auch für die Gebäude des Kreises. Falsch verstandenes Sparen darf nicht zu Vermögensverlusten führen. Straßen und Brücken sind ein nicht zu unterschätzender Wirtschafsfaktor. Die Wirtschaft braucht ein intaktes Straßennetz.

 

Im Schulbereich haben wir uns gemeinsam mit der CDU dafür entschieden, in den Kreishaushalt als Planungskosten für den Bau einer Sporthalle am Berufskolleg Gladbeck 30.000 € einzustellen.

 

Es ist auch höchste Zeit, die Sanierung des Kreishauses zu beginnen. Die von der NRW-Bank begleiteten Wirtschaftlichkeitsberechnungen haben aus Sicht meiner Fraktion einen sehr guten Beitrag zur Entscheidungsfindung geleistet. Wir sprechen uns für eine Sanierung im Bestand mit Integration der Nebenstellen aus.

 

Auch der Personalbereich und die Ausbildung liegen uns am Herzen. Dies ist auch der Grund, warum wir gemeinsam mit der CDU den Antrag stellen, die Zahl der Auszubildenden für den mittleren Dienst für das Kalenderjahr 2016 um 2 Stellen zu erhöhen.

 

Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Verwaltung haben in diesem Jahr die Einbringung des Gesamtabschlusses 2010, die Jahresabschlüsse für 2012, 2013 und 2014 sowie den Haushalt für das Jahr 2016 erarbeitet. Das ist eine Leistung, die sich sehen lassen kann. Hierfür herzlichen Dank!

 

Unsere Fraktion stimmt dem Haushalt 2016 des Kreises zu.

 

Allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sowie deren Familien und uns allen wünsche ich schon heute eine stressfreie Adventszeit, frohe Weihnachten und für das Jahr 2016, dass möglichst viele ihrer Wünsche in Erfüllung gehen.

Einen ganz persönlichen Wunsch füge ich an: Ich wünsche uns allen, dass sich Ereignisse wie am 13. Nov. in Paris nicht wiederholen und wir in einer friedlichen Welt leben können, die sich durch Toleranz gegenüber dem Nächsten auszeichnet.

 

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.