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Rede zur Verabschiedung des Haushalts 2017 am 21.11.2016

SPD-Fraktionsvorsitzender Klaus Schild

Rede zur Verabschiedung des Haushalts 2017 am 21. Nov. 2016

(Es gilt das gesprochene Wort)

Sperrfrist 21. November 2016, 09:00 h

 

Herr Landrat, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen,

 

das Verfahren zur Verabschiedung des Haushalts läuft in jedem Jahr gleich ab und doch ist es jedes Jahr anders. In diesem Jahr haben wir uns besonders mit dem Landschaftsverband Westfalen-Lippe befasst. Der Grund ist allen bekannt. Der LWL hat in seiner ersten Mitteilung zum Haushalt 2017 eine saftige Erhöhung der Landschaftsumlage angekündigt. Ein Anstieg allein für den Kreis Recklinghausen von 15 Millionen Euro löste blankes Entsetzen aus.

 

Was ist da passiert?

 

Der Haushalt des LWL wird dominiert von den Sozialkosten und hier insbesondere von der Eingliederungshilfe. Das wissen wir alle. Wir wissen auch, dass der LWL diese Kosten über die Landschaftsumlage refinanzieren muss. Die Kostenstrukturen des LWL ergeben sich fast ausschließlich aus seinen gesetzlichen Aufgaben. Diese müssen von uns ebenso akzeptiert werden wie das vom Gesetzgeber vorgegebene Finanzierungssystem über die Landschaftsumlage, obwohl hier grundsätzlich eine Änderung angebracht ist.

 

Dieses System darf aber nicht dazu führen, dass der LWL seinen Mitgliedern völlig überzogene Forderungen schickt und dann auch noch beleidigt reagiert, wenn seine Mitglieder Erklärungen verlangen. So geht man nicht miteinander um. Ich gehe davon aus, dass der Gegenwind aus den Mitgliedskommunen dazu geführt hat, dass der LWL in seinem jüngsten Eckdatenpapier den Hebesatz der Umlage um 0,25%-Punkte gesenkt hat. Ich meine, da ist noch mehr drin. Ich fordere daher unsere Mitglieder in der Landschaftsversammlung auf, sich für eine weitere Senkung der Landschaftsumlage um mindestens 0,3%-Punkte einzusetzen.

Meine Fraktion beantragt gemeinsam mit der CDU-Fraktion, die Landschaftsumlage mit einem Hebesatz von 17,3% im Haushalt des Kreises zu veranschlagen. Den Antrag haben wir am vergangenen Wochenende auf den Weg gebracht. Auch in den Berechnungen zur mittelfristigen Finanzplanung soll der verminderte Hebesatz zu Grunde gelegt werden. Wir beantragen, gleichzeitig zu beschließen, dass zur Gegenfinanzierung Eigenkapital des Kreises eingesetzt wird. Mit dem von der Verwaltung vorgelegten Änderungsdienst können wir so die Belastung der kreisangehörigen Städte um insgesamt 66 Millionen Euro vermindern.

Der Streit mit dem Landschaftsverband darf allerdings nicht davon ablenken, dass die Eingliederungshilfe und die Sozialkosten insgesamt eine unzumutbare Belastung der Kommunen bedeuten. Die Sozialkosten waren in den sechziger Jahren des letzten Jahrhunderts ein unbedeutender Posten in den kommunalen Haushalten. Heute sind die Sozialkosten – gerade in unserer Region – so erdrückend, dass uns die Luft zum Atmen fehlt.

Wir appellieren daher an alle Kräfte dieses Hauses, mit meiner Fraktion gemeinsam auf die Bundes- und Landtagsabgeordneten aus dem Kreis Recklinghausen zuzugehen. Wir brauchen eine generelle Debatte im Bundestag und im Landtag NRW. Wir müssen gemeinsam durchsetzen, dass bei der Finanzierung der Soziallasten eine grundlegende Reform erfolgt.

Dabei geht es um zwei verschiedene Ansätze:

  1. Nach dem Konnexitätsprinzip müssen die Ausgaben, die uns der Bund verordnet, auch vom Bund finanziert werden. Damit muss den Kommunen erheblich mehr Geld des Bundes zufließen.
  2. Die Verteilung der Finanzmittel innerhalb der kommunalen Familie muss endlich umfassend reformiert werden. Dies gilt für Bund und Land gleichermaßen. Der Bund muss endlich dafür sorgen, dass auch auf Bundesebene ein Ausgleich zwischen reichen und armen Kommunen erfolgt und kein Geldtransfer nach Himmelsrichtungen. Das Land Nordrhein-Westfalen muss endlich für einen gerechten kommunalen Finanzausgleich sorgen. Gutachten haben wir nun wahrlich genug. Es ist höchste Zeit zu handeln.

Der Haushalt 2016 war beherrscht durch das Thema Flüchtlingskosten. Das Thema ist immer noch aktuell. Die Verwaltung hat gut daran getan, die Planung der flüchtlingsbedingten Mehraufwendungen für die Jahre 2017 bis 2021 mit den kreisangehörigen Städten abzustimmen. Trotzdem besteht die Problematik der Veranschlagung weiter fort. Das Innenministerium akzeptiert weiterhin nicht die Veranschlagung von Bundeszuweisungen für die Jahre 2019 bis 2021. Begründet wird dies – wie schon für den Haushalt 2016 – mit einer fehlenden Zusage des Bundes, die Kosten zu übernehmen. Die Haltung der Abteilung im MIK ist für mich nicht nachvollziehbar. Es kann nicht sein, dass die Kommunen auf Kosten hängen bleiben, die durch die Bundesrepublik Deutschland als Gesamtheit verschuldet sind. Die Flüchtlinge kommen nicht nach Waltrop, Dorsten oder Gladbeck. Sie kommen in die Bundesrepublik. Also hat der Bund auch die Kosten zu tragen, die in den Kommunen durch diesen Personenkreis verursacht werden.

Die Verwaltung hat mit dem eingebrachten Entwurf vorgeschlagen, die fehlenden Zuweisungen nicht auf die Kreisumlage aufzuschlagen. Stattdessen soll zur Schonung der kreisangehörigen Städte Eigenkapital eingesetzt werden. Meine Fraktion trägt diesen Vorschlag ausdrücklich mit. Wie es aus meiner Sicht richtiger ist, habe ich gerade erläutert. Das Eigenkapital des Kreises hätte nicht verbraucht werden müssen und stände für Entlastungen der Städte weiter zur Verfügung.

Der positive Trend des vergangenen Jahres hat sich durch die erheblich steigende Landschaftsumlage, die zurückgehenden Schlüsselzuweisungen des Kreises und durch wieder steigende Soziallasten leider nicht fortgesetzt. Vor diesem Hintergrund habe ich großes Verständnis für die Forderung der Städte, deren Sparkurs durch eine konsequente Konsolidierungspolitik des Kreises zu unterstützen. Dafür haben wir aber nicht nur Verständnis, es ist für die SPD-Fraktion eine selbstverständliche Verpflichtung.

Dabei müssen wir unserer Verantwortung gerecht werden, die Aufgaben des Kreises zu erfüllen. Wir müssen dies so tun, wie es den Menschen im Kreis zusteht. Die Belastung der Städte ist unzumutbar hoch. Eine Schädigung des Kreises hilft den Städten aber auch nicht!

Trotz aller Herausforderungen gibt es auch positive Entwicklungen. Die Zusammenarbeit zwischen dem Kreis und den kreisangehörigen Städten konnte noch weiter intensiviert werden. Auf allen Ebenen sind vermehrt Gespräche geführt worden, um die Transparenz der Haushaltszahlen zu erhöhen. Ich glaube, dies ist auch ein Grund dafür, dass die Stellungnahme der kreisangehörigen Städte zum Kreishaushalt 2017 trotz der steigenden Belastungen sehr moderat formuliert worden ist. Ich bin den Städten dafür sehr dankbar und versichere, dass wir in den kommenden Jahren alles daransetzen werden, den Dialog mit den Städten weiter zu verbessern.

Die allgemeine wirtschaftliche Entwicklung ist auch im Kreis Recklinghausen positiv. Der Nachholbedarf bei uns ist allerdings extrem hoch. Daher führen konjunkturelle Verbesserungen bei uns erst zeitverzögert zu feststellbaren Effekten. Das wird uns nicht davon abhalten, den Weg einer konsequenten Wirtschaftsförderung weiter zu gehen. Bertelsmann und Metro sind gute Beispiele dafür, dass ein gutes Flächenmanagement auch zu Erfolgen führt. Der Kauf der newPark-Flächen durch den Kreis war ein gutes Geschäft. Eine bessere Geldanlage für den Kreis hätten wir gegenwärtig nicht finden können.

Niemand möge mir vorwerfen, dass ich jedes Jahr dieses Thema anspreche. Es gibt nach wie vor kein dringenderes bei uns. Wir brauchen tausende von Arbeitsplätzen. Wir wissen, dass wir diese nur die Neuansiedlung von Betrieben erreichen können. Wir haben gesehen, dass die Betriebe kommen, wenn wir ihnen Flächen anbieten, die sofort bebaut werden können. Die Konsequenz daraus ist, dringend solche ansiedlungsfähigen Flächen zu schaffen und das so schnell wie möglich.

Der Wirtschaft unseres Kreises tut es auch gut, wenn der Kreis selbst investiert. Meine Fraktion begleitet sehr positiv die geplanten Investitionen im Schulbereich. Nutznießer sind neben der Wirtschaft natürlich in erster Linie die Schülerinnen und Schüler. Es ist spannend zu verfolgen, mit welcher Intensität die Berufskollegs ihre eigene technologische Modernisierung betreiben. Das kommt nicht von allein, sondern zeugt von großem Engagement der Kollegien, denen ich an dieser Stelle herzlich dafür danke.

Höchste Zeit wird die Sanierung des Kreishauses. Wir sprechen hier ebenfalls über eine Investition, die viel Geld kosten, die aber auch wirtschaftliche Impulse setzen wird. Einerseits werden Unternehmen Aufträge zur Arbeitsplatzsicherung erhalten, andererseits werden wir kommunales Vermögen schaffen. Die nachfolgende Generation wird keine Bauruine vorfinden, sondern ein modernes und bürgerfreundliches Verwaltungsgebäude, das der Bevölkerung zur Nutzung zur Verfügung steht. Wir sollten mit Freude an diese Aufgabe herangehen und auch bereit sein, den erforderlichen Aufwand in Kauf zu nehmen. Es ist auch besser, eine größere Zahl von Stellen für diesen Themenkreis einzurichten, als wieder zu riskieren, dass uns bei der Sanierung des Kreishauses derselbe Fehler wie beim Neubau der Berufskollegs passiert. Der Beschluss im Personalausschuss, dass fortlaufend auch im Arbeitskreis „Kreishaussanierung“ über die Besetzung der Stellen für dieses Projekt berichtet wird, ist zielführend.

Auch in diesem Jahr stecken im Kreishaushalt 2017 Risiken. Die Landschaftsumlage habe ich schon angesprochen. Alle Risiken muss der Kreis durch sein Eigenkapital abdecken.

 

Wir haben soeben den Jahresabschluss 2015 festgestellt. Das festgestellte Eigenkapital beträgt jetzt 53 Millionen Euro. Meine Fraktion ist bereit, das Eigenkapital, soweit es nötig ist, zur Entlastung der kreisangehörigen Städte einzusetzen. Damit gehen wir den Weg in die Haushaltssicherung. Diesen Weg wollten wir vermeiden. Das Haushaltssicherungskonzept, in dem Fall muss ich sagen, das alte Haushaltssicherungskonzept, haben wir im letzten Jahr auf freiwilliger Basis fortgeführt. In diesem Jahr legen wir das Haushaltssicherungskonzept neu auf, weil der Gesetzgeber dies bei einem entsprechend großen Verzehr von Eigenkapital vorschreibt. Für die kreisangehörigen Städte ist das kein großer Befreiungsschlag. Dafür sind die Möglichkeiten des Kreises viel zu gering.

 

Für meine Fraktion und ich bin mir sicher, für uns alle, ist aber wichtig, auch jeden noch so kleinen Beitrag zur Entlastung der Städte zu leisten. Diese Entlastung wird sich aber immer an den Gesetzesvorgaben orientieren.

 

Die Fraktionen von SPD und CDU haben, wie erwähnt, einen Antrag zur Senkung des Ansatzes der LWL-Umlage zur Sitzung des Kreisausschusses eingebracht. Dieser Antrag wirkt sich auf die Zahlungsverpflichtungen der Städte und auf das Eigenkapital sowie die mittelfristige Finanzplanung aus. Ich gehe davon aus, dass dieser Antrag eine breite Mehrheit gleich finden wird. Die SPD-Fraktion stimmt nach Annahme dieses Antrages auch der aktualisierten Haushaltssatzung  einschl. den Anlagen zu. Das vorgelegte Haushaltssicherungskonzept 2017 – 2022 sowie das fortgeschriebene Fluktuationskonzept finden ebenfalls unsere Zustimmung.

 

Allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sowie deren Familien und uns allen wünsche ich schon heute eine stressfreie Adventszeit, frohe Weihnachten und für das Jahr 2017, dass möglichst viele ihrer Wünsche in Erfüllung gehen.

 

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.